ÜBER MICH
What do the lavender fields represent?
Oh, you know, death. And all that goes with it.
So, in your mind, what goes with it?
Faith. Love. Change. Refuge.
(Seán O'Hagan & Nick Cave)
Ich bin Linda. Gelegentlich bin ich als
heimliche Gärtnerin auf einem Friedhof in Berlin
unterwegs. Im Umgang mit Pflanzen fühle ich mich besonders wohl und emfinde den Kreislauf von werden, vergehen und aufs Neue werden als gar nicht traurig.
Vergänglichkeit, Trauer-, Abschieds- und Friedhofskulturen unterschiedlichster Art faszinieren mich seit langem. Meine Auseinandersetzung mit dem Thema Schwangerschaftsverlust begann, als ich selbst zwei frühe Fehlgeburten erlebte. Mit meiner dritten Schwangerschaft durfte ich meinen Sohn zur Welt bringen. Trotz der Geburt meines Kindes haben mich die Fehlgeburten stark geprägt und es ist mir ein Anliegen, mich mit anderen dazu auszutauschen. Falls du mehr zu meinem Erleben der Fehlgeburten wissen möchtest, lies gerne den Erfahrungsbericht unten auf dieser Seite.
Bei der Gesellschaft für systemische Therapie und Beratung Berlin habe ich eine zweijährige Ausbildung in systemischem Coaching abgeschlossen. Ich setze mich mit der Gestaltung von Gedenkmomenten und Trauerritualen auseinander. Bei einem Berliner Hospiz und einem Hamburger Bestattungsunternehmen habe ich Praktika absolviert. Ich leitete für ein Jahr eine Theatergruppe für Menschen mit Demenz und forschte auf diesem Themenfeld auch im Rahmen meiner Masterarbeit in Kulturwissenschaften und Kulturvermittlung.
Ich möchte dich darauf hinweisen, dass ich keine Therapeutin bin. Daher kann ich keine Psychotherapie, z.B. im Fall einer Depression, anbieten. Informationen zu psychologischer Hilfe findest du z.B. auf der Website von Pro Psychotherapie e.V.
Take care, Linda
Erfahrungsbericht
Triggerwarnung: Ich beschreibe explizit, wie
meine Fehlgeburten körperlich abliefen und welche Gefühle ich hatte.
Aus eigener Erfahrung und dank der Rückmeldung von Klient:innen weiß ich, dass es für manche Betroffene hilfreich ist, Berichte von anderen zu lesen, denn die Informationslage zu Fehlgeburten ist sehr dürftig und man fühlt sich damit oft unvorbereitet und allein.
Mein erster Abort verlief natürlich und ich bin dankbar für diese "kleine Geburt" und die Leistung meines Körpers. Um gleich einen beliebten Mythos aus dem Weg zu räumen: Es fühlte sich für mich nicht an wie eine starke Periodenblutung. Es war eine Angelegenheit mit viel Blut, Schmerzen und Unsicherheit. Das austretende Gewebe war ein Handteller-großes Etwas, das verstörend für mein ungeschultes Auge und gleichzeitig tröstlich für mein Herz war. Denn so konnte ich ein trauriges aber schönes Begräbnis gestalten. Den zweiten Abort hatte ich ein Jahr später. Es fand eine Ausschabung in einer Klinik statt. Obwohl der medizinische Eingriff problemlos vonstatten ging und das Personal sehr freundlich war, empfand ich die Ausschabung als genau so grässlich, wie das Wort klingt. Nach der Vollnarkose wachte ich mit einer großen Leere und vielen Tränen auf. Diesmal hatte ich nichts außer der Unterleibsschmerzen und Nachblutungen, um den Verlust körperlich zu begreifen. Das Gewebe meines verstorbenen Wesens war in der Klinik entsorgt worden. Statistisch gesehen passieren frühe Fehlgeburten sehr oft. Die Information, dass dies ganz natürlich ist, ist vielen bekannt. Ich fragte mich, weshalb das Thema dann nicht mit großer Selbstverständlichkeit öffentlich und im Detail besprochen wird, ähnlich wie Schwangerschaften, Kita-Geschichten etc. Mittlerweile kenne ich das Konzept der "entrechteten Trauer" (Kenneth Doka). Es beschreibt treffend, dass es gesellschaftliche Trauernormen gibt und dass Verluste, die außerhalb dieser Normen liegen, bisweilen stigmatisiert oder als irrelevant betrachtet werden. Die trauernde Person fühlt sich entsprechend isoliert und allein gelassen, was die Trauer erschweren kann. Als ich anderen von mir erzählte, hörte ich ähnliche Geschichten im Bekanntenkreis. Leider war der Austausch nicht immer leicht, selbst mit einigen Personen, die mir nahestehen. Ich war lange sehr empfindlich und nahm einige tröstlich gemeinte Reaktionen als kränkend wahr: "Es war ja noch ganz klein", "andere verlieren ihr Kind noch viel später", "das nächste Mal klappt es bestimmt". Es kam mir vor, als sollte mein Schreck relativiert und das Gespräch möglichst rasch beendet werden. Gleichzeitig erkannte ich das Unverständnis und die Unbeholfenheit wieder, die auch ich vor meinen Fehlgeburten gehabt hatte. Als tröstlich empfand ich: Körperpflege, Blumen, Postkarten, "das tut mir leid für dich/ euch", "ich weiß nicht, was ich sagen soll". Obwohl Mutterschaft bisher nicht besonders bedeutsam für mich gewesen war, fühlte ich mich traurig, wütend, orientierungslos und allein. Ich zog mich für lange Zeit zurück und fand hilfreiche Blogs, Podcasts, Artikel und Bücher. Ich hätte mir gewünscht, weniger einsame Recherche betreiben zu müssen und stattdessen in Ruhe mit anderen Personen sprechen zu können, anderen zuhören zu dürfen und - nachdem ich wieder etwas bei Kräften war - meine Unterstützung anzubieten. Es liegt mir am Herzen, das Thema Fehlgeburt mit jener Selbstverständlichkeit zu handhaben, die ihm statistisch gesehen offenbar zusteht. Ich persönlich brauchte viel Zeit um meine nächsten Schritte zu finden. Ich wünsche allen, denen es ähnlich geht Ruhe, Selbstachtung und Räume um das Erlebte zu teilen. Du bist nicht allein.
